Selbstverpflichtung im Umgang mit Dirty-Campaigning und Desinformation
Die heimischen Parteien werben in den kommenden Wochen um die demokratische Legitimation durch die Wahlberechtigten für die anstehende Gesetzgebungsperiode. Im Fokus des Wahlkampfes, der wie immer eine Schlüsselphase politischer Kommunikation sein wird, sollen programmatische Inhalte und die Bewerbung politischer Ideen für Österreich stehen. Sachorientierte Wahlkämpfe stellen persönliche Auseinandersetzungen in den Hintergrund und sehen davon ab, politische Kontrahenten persönlich zu diffamieren. Dirty-Campaigning sowie auch die Verbreitung von Desinformation beschädigen nicht nur die Betroffenen, sondern erschüttern vielmehr nachhaltig das Vertrauen in die Politik und Demokratie als Ganzes.
Entsprechend dem Auftrag, Missstände und Fehlverhalten in der öffentlichen Kommunikation zu benennen, zu mahnen oder zu rügen bzw. Regelwerke für ethisch korrekte Kommunikation zu veröffentlichen, hat der österreichische Ethik-Rat für Public Relations zum Thema Dirty-Campaigning und Desinformation folgende fünf Kriterien entwickelt, die von den wahlwerbenden Parteien eingehalten werden sollten.
Diese gelten für alle Kommunikationskanäle der wahlwerbenden Parteien, ihrer Parlaments- und Landtagsklubs, Teil- und Vorfeldorganisationen, sowie für alle Initiativen und Plattformen, die von den Parteien personell oder finanziell unterstützt werden.
Das Ringen um den Zuspruch der Öffentlichkeit im Zuge einer Wahlkampagne hat große Auswirkungen auf den allgemeinen gesellschaftlichen Diskurs. Aufgrund der Kommunikationsmacht der wahlwerbenden Parteien müssen diese besonders hohe ethische Standards im Diskurs einhalten. Der erste Schritt dabei ist die explizite Anerkennung dieser Verantwortung und die Selbstverpflichtung, die erwähnte Kommunikationsmacht nicht zu missbrauchen. Ziel ist es, Verantwortungsbewusstsein zu stärken und eine hohe Sensibilisierung für die Themen Negative oder Dirty-Campaigning und Desinformation zu schaffen.
Die Auseinandersetzungen mit politischen Gegenübern und MitbewerberInnen sowie deren Ideen bilden einen wesentlichen Bestandteil jedes Wahlkampfes. Gegenseitiger Respekt darf in diesen - oft hitzig geführten – politischen Phasen dennoch nicht verloren gehen. Dies gelingt, indem programmatische Inhalte und die eigenen politischen Vorhaben ins Zentrum gerückt werden. Von kommunikativen Praktiken, welche die vermeintlichen persönlichen Schwächen der politischen Kontrahenten aufgreifen, um daraus Kapital zu schlagen, anstatt sich auf die eigenen Qualitäten zu konzentrieren, soll Abstand genommen werden. Dazu zählen insbesondere persönliche Diskreditierungen, die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten über politische GegnerInnen und die Verwendung von Falschinformationen in der inhaltlichen Auseinandersetzung. Um das Vertrauen der Wahlberechtigten in demokratische Institutionen und den politischen Diskurs zu wahren, muss die Kommunikation zwischen und über KandidatInnen respektvoll, ehrlich und fair erfolgen und auch als solche bei den RezipientInnen erkennbar sein.
Die Argumente der wahlwerbenden Parteien und Personen müssen auf Fakten basieren. Falsche Behauptungen, die dazu dienen, die eigene Position zu stärken, verzerren den Wettbewerb und widersprechen somit den Grundsätzen unserer Demokratie. Veröffentlichungen müssen aus ausschließlich korrekten und jederzeit nachvollziehbaren Informationen bestehen. Auch Veröffentlichungen Dritter, die auf Desinformation aufbauen, dürfen nicht genutzt werden, auch wenn sie beim Erreichen der eigenen politischen Ziele behilflich sein könnten.
Politische Kommunikationsarbeit muss transparent gestaltet sein. Quellen und Besitzverhältnisse von Kommunikationskanälen jeglicher Art müssen stets korrekt angeführt werden. Argumente, Informationen und Behauptungen müssen durch Quellenangaben nachvollziehbar und überprüfbar sein. So muss für die RezipientInnen auch klar erkennbar sein, ob es sich bei einer Veröffentlichung um einen (Tatsachen-)-Bericht oder um die Wiedergabe der eigenen politischen Meinung handelt. Dieser Transparenz-Grundsatz hat auch in sozialen Netzwerken zu gelten. Es ist jedenfalls abzulehnen, gefälschte Seiten oder Profile („Fake Profiles“) als Teil der eigenen Community auszugeben oder gefälschte Reaktionen („Fake Likes“, „Fake Kommentare“) als tatsächliches Community-Engagement auszuweisen. Von diesen Methoden ist auch im Umgang mit politischen Kontrahenten Abstand zu nehmen.
Gegen Dirty-Campaigning und die Verbreitung von Desinformation muss gemeinsam vorgegangen werden, indem diese Praktiken weder toleriert noch selbst betrieben oder als Dienstleistung angeboten werden. Von Kooperationen mit Personen bzw. Organisationen, die von derartigen Methoden Gebrauch machen, ist Abstand zu nehmen. Ziel ist die Förderung einer politischen Kultur, die auf Fakten und politischen Konzepten anstelle von Unwahrheiten, Gerüchten, Verschwörungstheorien, falschen kausalen Zusammenhängen, Übertreibungen, Untergriffen und Angriffen auf persönliche oder private Bereiche von PolitikerInnen basiert.
Grundlagen
Die Grundlagen für die in dieser freiwilligen Selbstverpflichtung genannten Kriterien sind im Ehrenkodex des Public Relations Verbandes Austria und im Online-Kodex des PR-Ethik-Rats festgehalten. Zu finden sind diese Richtlinien unter www.prethikrat.at.
Der Österreichische PR-Ethik-Rat ist ein vom Public Relations-Verband Austria (PRVA) und dem Verein Österreichisches PR-Gütezeichen eingerichtetes Organ zur freiwilligen Selbstkontrolle der österreichischen PR-Branche auf Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit. Dabei orientiert sich der PR-Ethik-Rat in seinen Bewertungen an den PR-Kodizes und Regelwerken der nationalen und internationalen Branchenverbände, medienrechtlichen Bestimmungen und volkswirtschaftlichen Grundprinzipien wie der Grundrechte-Charta der Europäischen Union und anderen Bestimmungen.
Herausgeber und Kontakt:
Österreichischer Ethik-Rat für Public Relations
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Website: www.prethikrat.at