Kodex des Österreichischen PR-Ethik-Rats für Public Relations, Stand 3.5.2021.
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Einleitung
Die Digitalisierung hat Organisationen eine Vielzahl neuer Möglichkeiten eröffnet, um mit ihren Zielgruppen zu kommunizieren. Sie nutzen diese Möglichkeiten, indem sie vermehrt eigene Medienprodukte entwickeln und damit direkt ihre Zielgruppen erreichen. Etablierte klassische Nachrichtenmedien wiederum bieten Organisationen ihre Online-Seiten und auch ihre redaktionellen Möglichkeiten an, um bezahlten Content in Form von Native Advertising zu platzieren. Agenturen und Vermarkter unterstützen die Organisationen in vielfacher Hinsicht dabei und runden damit das Geschäft mit dem Content ab.
Content Marketing umfasst die Erzeugung, Bereitstellung sowie die Verbreitung von Inhalten, die für eine Zielgruppe relevant, nützlich, ansprechend und aktivierend sein sollen. Damit sollen bestimmte strategische Ziele erreicht werden wie Interesse wecken, Kommunikation anregen, Präferenzen ausbilden, eine Marke oder eine Organisation positionieren, Imagepflege und die Generierung von Unterstützung und Umsatz. Content Marketing nimmt eine Vielzahl von Formen und Formaten (Print, Online, Audio, Video) an und kann in vielerlei Medien praktiziert werden.
Dieser Kodex setzt den Fokus auf zwei bedeutende Formen des Content Marketing: Corporate Publishing und Native Advertising. Darunter wird verstanden:
- Corporate Publishing umfasst journalistisch aufbereitete Unternehmens- und Marketingkommunikation mit eigenen Medien (owned media). Es verbindet strategische, inhaltliche und technische Kompetenz, um Content und Medien zu kreieren, mit denen Neukund:innen gewonnen und Beziehungen zu Anspruchsgruppen geschaffen und gepflegt werden sollen. (in Anlehnung an Godulla, 2020; Forum Corporate Publishing, 2014)
- Native Advertising ist bezahlte Werbung in Fremdmedien (paid media), die so gestaltet ist, dass sie dem Erscheinungsbild, der Form und der Funktion des Mediums, in dem sie erscheint, angeglichen ist. (in Anlehnung an Native Advertising Institute, 2020)
Content Marketing-Inhalte in Form von Corporate Publishing und Native Advertising bedienen sich journalistischer Stilmittel, sodass sie möglichst redaktionell-journalistisch und nicht werblich anmuten. Die Nähe zum Journalismus begrenzt sich jedoch auf das äußere Erscheinungsbild. Zentrale Ansprüche des Journalismus wie Autonomie, Bemühen um Objektivität und Wahrnehmen einer Korrektivfunktion bleiben unberücksichtigt. Im Gegensatz zum Journalismus, wo das Medium der Zweck an sich ist, ist das Medium beim Content Marketing das Mittel zum Zweck, um bestimmte strategische Ziele zu erreichen. Dadurch entstehen folgende Problematiken:
- Die kommerzielle Absicht des Absenders von Content Marketing ist für Mediennutzer:innen im Vergleich zu klassischer Werbung schwerer erkennbar. Damit besteht das Risiko der Täuschung und Irreführung der Mediennutzer:innen.
- Die Vermischung von redaktionellen und Content Marketing-Inhalten und das Angebot journalistisch anmutender Eigenmedien können den unabhängigen Journalismus gefährden. Vor allem bei Native Advertising besteht das Risiko, dass der Journalismus an Glaubwürdigkeit verliert und somit seine für die Demokratie wichtige Korrektivfunktion nicht mehr adäquat erfüllen kann.
Daher ist es wichtig, dass Content Marketing ethischen Prinzipien und verbindlichen Richtlinien folgt, um eine Täuschung und Irreführung der Mediennutzer:innen zu vermeiden und den unabhängigen Journalismus als wichtiges Instrument des demokratischen Diskurses zu schützen. Dies ist essentiell, um auch die Glaubwürdigkeit der PR als Praxis und Branche zu bewahren.
Für das Content Marketing grundlegend sind neben den hier festgeschriebenen Prinzipien und Richtlinien ebenfalls die Kodizes der PR-Branche, insbesondere der Kodex Ethik in der Digitalen Kommunikation und der Influencer–Leitfaden des PR-Ethik-Rats, der Ehrenkodex des PRVA sowie die entsprechenden rechtlichen Rahmenwerke.
Zielsetzungen und Adressat:innen
Der Kodex ist eine Handlungsempfehlung dafür, wie Content Marketing-Medien und -Inhalte für die Rezipient:innen transparent und kommunikationsethisch korrekt gestaltet werden können. Ziel des Kodex ist, dass es den Rezipient:innen eines Content Marketing-Mediums oder -Inhalts ermöglicht wird, den Absender und dessen Interessen sofort und unmittelbar einordnen zu können.
Adressat:innen dieses Content-Marketing-Kodex sind alle, die für das Publizieren von Inhalten monetär oder nicht-monetär entgolten werden bzw. Instrumente des Content Marketing einsetzen. Dies sind u.a. Kommunikations- und Marketingverantwortliche in Unternehmen, Organisationen und Institutionen, Medien/Plattformen, PR-Dienstleister, Media- und Werbeagenturen, Online- und Digital-Dienstleister und -Agenturen, Publishing-Dienstleister, Vermarkter digitaler Produkte, Multichannel-Networks und Dienstleister für Blogger:innen/ Influencer:innen Relations und Seeding, sowie Blogger:innen/Influencer:innen. Dieser Kodex gilt auch für Privatpersonen, die im kommerziellen Interesse handeln.
- Die kommerzielle Absicht des Absenders von Content Marketing ist für Mediennutzer:innen im Vergleich zu klassischer Werbung schwerer erkennbar. Damit besteht das Risiko der Täuschung und Irreführung der Mediennutzer:innen.
- Die Vermischung von redaktionellen und Content Marketing-Inhalten und das Angebot journalistisch anmutender Eigenmedien können den unabhängigen Journalismus gefährden. Vor allem bei Native Advertising besteht das Risiko, dass der Journalismus an Glaubwürdigkeit verliert und somit seine für die Demokratie wichtige Korrektivfunktion nicht mehr adäquat erfüllen kann.
Daher ist es wichtig, dass Content Marketing ethischen Prinzipien und verbindlichen Richtlinien folgt, um eine Täuschung und Irreführung der Mediennutzer:innen zu vermeiden und den unabhängigen Journalismus als wichtiges Instrument des demokratischen Diskurses zu schützen. Dies ist essentiell, um auch die Glaubwürdigkeit der PR als Praxis und Branche zu bewahren.
Prinzipien als Grundlage für das Content Marketing
Für das Content Marketing – insbesondere dessen Formen Corporate Publishing und Native Advertising – hat der PR-Ethik-Rat fünf Grundprinzipien erarbeitet. Sie gelten als Leitlinien für ethisch korrektes Verhalten im Content Marketing. Diese fünf Prinzipien ergänzen jene, die im Kodex Ethik in der Digitalen Kommunikation festgeschrieben sind.
Mit den durch die Digitalisierung erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten ist auch die kommunikative Macht von Organisationen markant gestiegen. Alle Organisationen, Medien und Agenturen, die Kommunikation mittels bezahltem Content betreiben, stehen in der Pflicht, mit dieser Macht sorgsam umzugehen. Sie verhalten sich ihren Kommunikationspartner:innen gegenüber gerecht und ehrlich, und sie nutzen ihre Kommunikationsmacht keinesfalls missbräuchlich, um diesen zu schaden.
Für Mediennutzer:innen kann Schaden dann entstehen, wenn sie über die Absichten einer Organisation im Unklaren gelassen oder gar getäuscht werden und somit zu Schlüssen und Handlungen verleitet werden, die bei entsprechender Information nicht entstanden wären.
Journalistische Medien können Schaden erleiden, wenn sie entweder selbst Handlungen setzen oder zu Handlungen gedrängt werden, die ihre redaktionelle Unabhängigkeit und ihre Glaubwürdigkeit gefährden (z.B. Gefälligkeitsjournalismus), was in weiterer Konsequenz auch den Mediennutzer:innen und der Demokratie insgesamt schadet.
Die PR bekennt sich zu einer aufrichtigen Vermittlerinnenrolle zwischen Auftraggeber und Öffentlichkeit. Darum schätzt sie den Journalismus als Gegenüber auf Augenhöhe. Die Unabhängigkeit des Journalismus muss um jeden Preis anerkannt, respektiert und gewahrt werden. Journalist:innen nehmen die demokratiepolitisch wichtige Funktion des Korrektivs wahr. Diese Korrektivfunktion gilt es uneingeschränkt zu respektieren. Von einer Instrumentalisierung von Medien und/oder Journalist:innen ist abzusehen. Instrumentalisierung stellt in diesem Kontext beispielsweise geldwerte Leistungen an Journalist:innen ohne Offenlegung dar oder das Bestehen auf die Nicht-Kennzeichnung bezahlten Contents.
Werbetreibende Organisationen respektieren alle Akteure, die in den Prozess der Produktions- und Veröffentlichungskette eingebunden sind, unterlassen bewusste Manipulation, Verschleierung und unbotmäßige Beeinflussung mit dem Ziel, die Mediennutzer:innen dahingehend zu täuschen, dass bezahlter Content als redaktionell und unabhängig wahrgenommen wird.
Die werbetreibenden Organisationen sind sich ihrer Verantwortung für die Gesellschaft und die Umwelt bewusst und bekennen sich zu ethisch korrektem Handeln. Sie tragen die uneingeschränkte Verantwortung für die transparente und ethisch korrekte Kommunikation ihrer Inhalte. Darüber hinaus tragen sie eine Mitverantwortung für das Handeln aller anderen Akteure in diesem Zusammenhang, die am Produktions- und Veröffentlichungsprozess ihrer Inhalte beteiligt sind und die in ihrem Auftrag agieren. Diese Verantwortung kann nicht abgeschoben werden.
Agenturen oder andere Dienstleister, die im Auftrag von Unternehmen oder Organisationen agieren sind eine wichtige Schnittstelle zu journalistischen Medien und anderen Kommunikationsplattformen. Als solche tragen sie ebenfalls Verantwortung und haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl ihr Auftraggeber als auch das Medium ihrer Verantwortung nachkommen. Dasselbe gilt für die anderen Akteure, die in den Produktions- und Veröffentlichungsprozess eingebunden sind (siehe Adressat:innen dieses Kodex). Für alle gilt die Prämisse, dass der Schutz der Mediennutzer:innen vor Irreführung und Täuschung oberstes Gebot ist.
Organisationen kommunizieren mittels eigener Medien oder in Medien Dritter, um ihre strategischen Ziele zu erreichen. Es ist die Pflicht von Organisationen, Agenturen und Medien dafür Sorge zu tragen, dass diese Motivation für die Mediennutzer:innen klar, deutlich und gesetzeskonform auf den ersten Blick erkennbar ist. Schlecht lesbare und versteckte Hinweise auf die Entgeltlichkeit sind ebenso abzulehnen wie unverständliche oder fehlende Hinweise.
Nur wenn die strategische, kommerzielle Absicht sofort und auch für den Laien deutlich erkennbar ist, können die Mediennutzer:innen frei entscheiden, ob sie einen Inhalt rezipieren wollen oder nicht. Transparenz bedeutet auch, dass mit „offenem Visier“ kommuniziert wird und die Organisation, in dessen Auftrag die Kommunikation erfolgt, ersichtlich ist.
Mediennutzer:innen können nur dann selbstbestimmt entscheiden, ob und wie sie Inhalte rezipieren wollen, wenn diese transparent sind. D.h. nur durch eine deutliche Kenntlichmachung, ob Inhalte bezahlt sind, ist eine Selbstbestimmung möglich.
Selbstbestimmung muss auch ein Grundprinzip in Redaktionen sein. Journalist:innen müssen in der Auswahl und Recherche der Themen unbeeinflusst von werbetreibenden Unternehmen handeln können. Jene Redakteur:innen, bei denen bezahlte Native Advertising- oder Corporate Publishing-Inhalte beauftragt werden, müssen organisatorisch klar von der journalistischen Redaktion getrennt sein, um Interessenskonflikte zu vermeiden.
So ergibt sich auch für werbetreibende Organisationen die Möglichkeit, ihre Botschaften in einem klar gekennzeichneten und definierten Rahmen auf den Webseiten von Dritten selbstbestimmt zu gestalten.
Richtlinien für das Content Marketing
Basierend auf den fünf Prinzipien gelten folgende Richtlinien für die Praxis:
Kommunikationsakteure im Content Marketing sind nicht nur ihren Auftrag- bzw. Arbeitgeber:innen verpflichtet, sondern auch den Rezipient:innen. Dies haben sie immer im Auge zu behalten.
Der Umgang zwischen allen am Produktions- und Kommunikationsprozess beteiligten Akteuren ist fair und verantwortungsbewusst. Dies gilt insbesondere für die Zusammenarbeit mit minderjährigen Kommunikationsakteuren.
Content Marketing-Inhalte sind klar gekennzeichnet, sodass die kommerzielle Motivation für die Rezipient:innen auf den ersten Blick erkennbar ist. Dies gilt auch im Falle nicht-monetärer Gegenleistungen. Zulässige Kennzeichnungen sind „Werbung“, „(Bezahlte) Anzeige“ und „Entgeltliche Einschaltung“.
Der Absender von Content Marketing wird transparent gemacht und ist auch deutlich erkennbar. Die ausschließliche Nennung an Stellen, die von Rezipient:innen üblicherweise nicht beachtet werden (z.B. Impressum), ist nicht korrekt.
Corporate Publishing-Produkte sind auf der Titel- oder Startseite mit dem Namen und/oder Logo des Absenders bzw. involvierten Auftraggebers zu versehen, sodass dieser klar ersichtlich ist.
Alle am Produktions- und Kommunikationsprozess beteiligten Akteure (Auftraggeber, Medien, Agenturen, Blogger:innen/Influencer:innen, etc.) tragen Verantwortung für die Content Marketing-Inhalte. Die Verantwortung kann nicht abgeschoben werden.
Content Marketing ist wahrheitsgetreue Kommunikation. Die Verbreitung von Falschaussagen und Desinformation ist unzulässig.
In Redaktionen herrscht eine personelle und organisatorische Trennung zwischen der Content Marketing-Redaktion und der journalistischen Redaktion.
Content Marketing enthält keinerlei Verhetzung, Diffamierung, Diskriminierung, Herabwürdigung, Pauschalverdächtigung oder -verunglimpfung von Personen, Gruppen oder Organisationen/Unternehmen.
Inhalte (Bild-/Text-/Tonwerke) Dritter müssen diesen korrekt zugeordnet werden. Das Urheberrecht ist stets zu wahren.
Plakat-Vorschau:
Material zum Download
- Kodex Ethik im Content Marketing (.pdf, 303 kb)
- Plakat groß 10 Regeln für faires Content Marketing (A2) (.pdf, 76 kb)
- Plakat klein 10 Regeln für faires Content Marketing (A4) (.pdf, 64 kb)
- Präsentation Ethik im Content Marketing (.pdf, 961 kb)
- Presseaussendung Erster Content-Marketing-Kodex (.pdf, 146 kb)
Weitere Grundlagen für Ethik in der digitalen Kommunikation:
Online-Kodex des PR-Ethik-Rates (.pdf, 72 kb)
Prinzipien der Kommunikationsethik in Social Media (.pdf, 196 kb)
Influencer-Leitfaden (.pdf, 87 kb)