(Wien, 26. April 2019) – Desinformation ist die fahrlässige oder vorsätzliche Verbreitung von Unwahrheiten und damit eine Gefahr für die Demokratie. Besonders gefährlich sind Desinformationskampagnen in Zeiten bevorstehender Wahlen, zum Beispiel durch die gezielte Verbreitung von unbelegten Behauptungen, nicht verifizierbaren Gerüchten oder Unwahrheiten auf Social Media-Kanälen. Laut einer Eurobarometer-Umfrage aus dem Herbst 2018 befürchten bereits rund 60% der EuropäerInnen Manipulation, Cyberattacken und intransparente Information im Vorfeld der kommenden Europawahlen. Im Hinblick auf die bevorstehende EU-Wahl fordert der österreichische PR-Ethik-Rat daher die wahlwerbenden Parteien zur Einhaltung einer freiwilligen Selbstverpflichtung zur Vermeidung von Desinformation bei Wahlkampagnen auf. Eine entsprechende Erklärung wurde den österreichischen Parteien heute übermittelt.
In fünf Punkten hat der PR-Ethik-Rat festgehalten, welche Kriterien von politischen Parteien im Rahmen einer Selbstverpflichtung zur Vermeidung von Desinformation in Wahlkampagnen jedenfalls einzuhalten sind:
Anerkennung der Verantwortung:
Das Ringen um Zuspruch in der Öffentlichkeit im Zuge einer Wahlkampagne hat große Auswirkungen auf den Diskus in der Gesellschaft. Diese Kommunikationsmacht der an Wahlkampagnen Beteiligten bedingt, dass besonders hohe ethische Standards eingehalten werden. Der erste Schritt dabei ist die bewusste und explizite Anerkennung dieser Verantwortung und das Bewusstsein, die damit verbundene Kommunikationsmacht nicht zu missbrauchen.
Fairer Wettbewerb:
Wer um Unterstützung für seine politischen Anliegen in der Bevölkerung wirbt, wirbt schlussendlich um die Legitimation durch die WählerInnen. Eine Legitimation, die wiederum auf Fakten basieren muss. Falsche Behauptungen, die dazu dienen, die eigene Position zu stärken und politische Mitbewerber zu schädigen, widersprechen den Grundsätzen unserer Demokratie. Somit müssen Veröffentlichungen aus ausschließlich korrekten und jederzeit nachvollziehbaren Informationen bestehen. Außerdem muss für die RezipientInnen klar erkennbar sein, ob es sich bei einer Veröffentlichung um einen (Tatsachen-)-Bericht oder um die Wiedergabe der eigenen politischen Meinung handelt.
Orientierung an Fakten:
Veröffentlichungen Dritter, die auf Desinformation aufbauen, dürfen nicht genutzt werden, auch wenn sie beim Erreichen der eigenen Ziele behilflich sein könnten. Desinformationskampagnen leben von Reichweiten. Indem eine Falschmeldung verbreitet wird, werden auch Desinformationskampagnen unterstützt. Hierzu gehört auch die Pflicht, den öffentlichen Diskurs auf den eigenen Plattformen zu moderieren. Jede Partei/jeder Betreiber ist dafür verantwortlich, die betriebenen und genutzten Plattformen frei von Desinformation zu halten. Die Moderation sollte auf veröffentlichten Leitlinien basieren, welche für UserInnen nachvollziehbar sind. Mit einer derartigen, öffentlich kommunizierten Leitlinie können auch Vorwürfe der Zensur entkräftet werden.
Transparenz:
Die politische Kommunikationsarbeit muss transparent gestaltet sein. Quellen müssen immer korrekt angeführt werden. Alle Argumente, Informationen und Behauptungen müssen überprüfbar und nachvollziehbar sein. Bei Verwendung von Statistiken und Daten ist ebenfalls eine lückenlose Quellenangabe erforderlich. Zitate sind zu kennzeichnen und dürfen nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Der Transparenz-Grundsatz gilt auch für den Aufbau der Communities auf Social Media Plattformen. Abzulehnen ist es jedenfalls, gefälschte Profile („Fake Profile“) als Teil der Community auszugeben oder gefälschte Reaktionen („Fake Likes“, „Fake Kommentare“) als tatsächliches Community-Engagement auszuweisen.
Solidarität im Kampf gegen Desinformation
Gegen Desinformationskampagnen muss aktiv vorgegangen werden. Wer im Netz auf vermeintliche Falschaussagen trifft, sollte beim Verbreiter weitere Informationen, wie Quellennachweise oder den jeweiligen Autor, anfragen. Bestätigt sich die Vermutung, dass es sich hierbei um die absichtliche Verbreitung von Falschinformation handelt, muss dies sofort dem Plattformbetreiber gemeldet werden.
Die Grundlagen für die in dieser freiwilligen Selbstverpflichtung genannten Kriterien sind im Ehrenkodex des Public Relations Verbandes Austria und im Online-Kodex des PR-Ethik-Rats festgehalten und öffentlich frei verfügbar. Abrufbar sind diese Richtlinien und die Selbstverpflichtung zur Vermeidung von Desinformation bei Wahlkampagnen auf der Website www.prethikrat.at.
Über den PR-Ethik-Rat
Der Österreichische PR-Ethik-Rat ist ein vom Public Relations-Verband Austria (PRVA) und dem Verein Österreichisches PR-Gütezeichen eingerichtetes Organ zur freiwilligen Selbstkontrolle der österreichischen PR-Branche auf Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit. Er überwacht die Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit, untersucht Streitfälle, zeigt Fehlverhalten und Missstände auf. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt darin, Positionen, Prinzipien und Definitionen ethisch korrekten Verhaltens in der PR auszuarbeiten und zu publizieren. Besonders gilt dies für jene Bereiche, in denen ethische Standards (noch) fehlen oder unklar definiert sind. Der PR-Ethik-Rat wird aufgrund von Beschwerden tätig und greift auch selbst Fälle auf. Dem Rat gehören 12 Mitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft an.
Rückfragen:
Dr. Sabine Einwiller, Vorsitzende des PR-Ethik-Rats
Tel Büro PR-Ethik-Rat: +43 677 61299010
Mail: office@prethikrat.prethik2.vss.kapper.net
Website: www.prethikrat.at