Wien, 16. Dezember 2021 – Absendertransparenz gilt als Grundvoraussetzung für vertrauenswürdige öffentliche Kommunikation in Medien und von Unternehmen. Dass es hierzulande aber oft am Bewusstsein dafür fehlt, zeigt die Häufung an Beschwerden, die beim PR-Ethik-Rat zu dieser Thematik eingehen. Daher nimmt das Gremium besonders prägnante Fälle zum Anlass, um sowohl die Beteiligten an ihre Verantwortung gegenüber Medienkonsument:innen zu erinnern, als auch die Öffentlichkeit und PR-Branche für diese Problematik zu sensibilisieren. Infolgedessen erteilt der Ethik-Rat jeweils eine öffentliche Rüge wegen mangelhafter Werbekennzeichnung an das Medienportal „OE24“ und das Möbelhaus „XXXLutz“ sowie wegen Angebots eines unzulässigen Koppelungsgeschäfts an das Magazin „Golf Revue“.
Das Schalten von werblichen und bezahlten Inhalten in journalistischen Medien ist ein legitimes Geschäftsmodell, solange dieses transparent gemacht wird. In der Praxis sind Verstöße gegen das ethische Grundprinzip der Absendertransparenz aber durchaus keine Seltenheit: Häufig entstehen diese durch mangelhafte Werbekennzeichnung, wie am Beispiel von OE24 und XXXLutz ersichtlich, oder es liegt gar ein Koppelungsgeschäft zugrunde, wie der Fall der Golf Revue zeigt. Solche Vorgehensweisen können zu Täuschung und Irreführung von Konsument:innen und in weiterer Folge zum Vertrauensverlust gegenüber Medien führen. Damit ist nicht nur die Glaubwürdigkeit der PR-Branche gefährdet, sondern auch die Unabhängigkeit des Journalismus als Diskursinstrument einer demokratischen Gesellschaft. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, erinnert der PR-Ethik-Rat alle Akteur:innen der medialen Kommunikation an ihre Verantwortung, bezahlte Inhalte transparent und eindeutig gekennzeichnet auszuweisen.
Bezahlte Inhalte sind klar aus solche auszuweisen
Während klassische Werbebanner von Medienkonsument:innen klar als solche erkannt werden, müssen bezahlte Inhalte, die sich nicht schon durch ihr Layout von redaktionellen Beiträgen abheben, entsprechend gekennzeichnet sein. Eine unzureichende Werbekennzeichnung liegt dann vor, wenn sie durch Farbe und Größe schlecht lesbar ist, durch Platzierung keine eindeutige Zuordnung erlaubt oder durch Verwendung unklarer Begriffe (z.B. „Promotion“, „Advertorial“ o.ä.) nicht einfach identifiziert werden kann. Diese Standards begründen sich insbesondere auf die Branchenkodizes des PRVA und des PR-Ethik-Rates, welcher in Punkt 3.7 des PR-Online-Kodex vorschreibt:
»Beiträge müssen kanalspezifisch und auf den ersten Blick deutlich erkennbar gekennzeichnet werden. Als Kennzeichnung sind nur die Bezeichnungen laut § 26 Mediengesetz zulässig. Diese lauten: „Bezahlte Anzeige“, „Werbung“, „Entgeltliche Einschaltung“. Zusätzlich sollte zur besseren Einordnung der Absender bzw. das zu bewerbende Produkt/Unternehmen/Institution genannt werden.«
PR-Ethik-Rat rügt „OE24“ wegen unzureichender Werbekennzeichnung
Im Zuge einer Beschwerde wegen mangelnder Werbekennzeichnung wurde der PR-Ethik-Rat auf die Online-Plattform des Mediums OE24 aufmerksam, wo sich bezahlte Beiträge befinden, die nicht oder nicht ausreichend als solche gekennzeichnet sind. Dabei standen die sogenannten Sonderthemen-Rubriken „Grillmeister“, „Nachhaltiges Österreich“ und „XXXLutz“ im Fokus, die teilweise bezahlte, teilweise redaktionelle Inhalte aufweisen. Auffallend ist, dass auf keiner der Seiten Werbekennzeichnungen an den einzelnen Beitragsteasern angebracht sind. Da sich redaktionelle und bezahlte Teaser nicht anhand des Layouts voneinander abheben, ist eine Unterscheidung auf den ersten Blick unmöglich.
Die einzelnen Beiträge müssen von den Nutzer:innen erst durchgeklickt werden, um auf der Unterseite zu erfahren, ob es sich um „Entgeltlichen Content“ handelt oder nicht. Selbst wenn einzelne Beiträge gekennzeichnet sind, verwendet das Medium – anders als in der Vergangenheit – nicht mehr die in Mediengesetz § 26 angeführte und nach ethischen Kodizes korrekte Bezeichnung „Entgeltliche Einschaltung“, sondern die für Medienkonsument:innen schlechter verständliche Bezeichnung „Entgeltlicher Content“. Die Einordnung wird dadurch erschwert, dass diese Kennzeichnung innerhalb der Themen-Seiten unterschiedlich verwendet wird.
Beim Sonderthema „Nachhaltiges Österreich“ ist dieser Schriftzug nicht angebracht, obwohl sich dort neben redaktionellen Inhalten auch Werbevideos von Auto- bzw. Kleidungsherstellern finden; diese sind auch nicht separat gekennzeichnet, sondern lediglich mit „Top-Videos“ betitelt. Das Sonderthema „Grillmeister“ hingegen weist den Schriftzug „Entgeltlicher Content“ zwar auf der Überblicksseite auf, versammelt darunter aber sowohl redaktionelle Rezeptbeiträge, als auch bezahlte Inhalte für unterschiedliche Grillprodukte, die mit der irreführenden Überschrift „Top-Stories“ betitelt sind. Beim Sonderthema „XXXLutz“ ist der Schriftzug ebenfalls angebracht, jedoch ist nicht klar, dass diese Kennzeichnung für alle Teaser gelten soll, die jeweils auf werbliche Unterseiten desselben Möbelhauses verlinken. Zusätzlich ist die Bezeichnung auf den Unterseiten von bezahlten Beiträgen so positioniert, dass sie direkt über der vom Inhalt getrennten Seitenleiste erscheint. Mit diesen intransparenten Formen der Werbekennzeichnung lässt OE24 auf seiner Online-Seite keine eindeutige Unterscheidung zwischen redaktionellen und bezahlten Inhalten zu, weshalb der PR-Ethik-Rat sich nun zur öffentlichen Rüge entschieden hat.
PR-Ethik-Rat rügt XXXLutz wegen unzureichender Werbekennzeichnung
Die genannten Kennzeichnungs-Mängel fielen beim Sonderthema „XXXLUTZ“ auf OE24.at als besonders fragwürdig auf, da dieses nahezu ausschließlich aus bezahlten Beiträgen besteht, was weder in der Navigationsleiste, noch bei einzelnen Teasern innerhalb der Sonderthemenseite ersichtlich ist. Die Überblicksseite selbst ist zwar mit „Entgeltlicher Content“ gekennzeichnet, allerdings reicht dies nicht aus, wenn zahlreiche Teaser darunter versammelt sind. Denn sobald die User:innen hinunterscrollen, ist der (verhältnismäßig kleine) Schriftzug nicht mehr zu sehen und die einzelnen, ungekennzeichneten Teaser lassen sich nicht mehr einordnen. Ob tatsächlich alle Teaser auf bezahlte Inhalte des Möbelhauses verlinken, ist für die User:innen somit nicht nachvollziehbar, da die einzelnen Vorschauen über keine separate Kennzeichnung verfügen. Erneut wird der werbliche Charakter hinter einzelnen Beiträgen erst nach Weiterleitung auf die Unterseite transparent, wobei die Platzierung der (mangelhaften) Kennzeichnung „Entgeltlicher Content“ auch hier missverständlich über der Video-Seitenleiste positioniert ist. Darüber hinaus ähnelt das Layout dieser Sonderthemen-Seite farblich stark den redaktionellen Seiten des Mediums, was die Unterscheidung zusätzlich erschwert und eine eindeutige Werbekennzeichnung unverzichtbar macht.
Ähnliche Mängel wurden in der Rubrik „Wohnen“ auf einer anderen Medien-Plattform festgestellt: Alle dort ersichtlichen Teaser leiten auf bezahlte Beiträge von XXXLutz weiter, wobei das Unternehmen an keiner Stelle namentlich genannt wird. Während einzelne Teaser mit dem schlecht lesbaren Begriff „Promotion“ gekennzeichnet sind, weisen andere keinerlei Werbe-Kennzeichnung auf. Doch auch bei diesen wird das kommerzielle Interesse nach Weiterleitung auf die Beitrags-Unterseite durch die Bezeichnungen „Salespromotion“ bzw. „Promotion“ einigermaßen ersichtlich. Allerdings entsprechen auch diese nicht den für Leser:innen leicht verständlichen und nach Mediengesetz § 26 zulässigen Begriffen und sind daher unzureichend. Für die eindeutige und gesetzeskonforme Erkennbarkeit einer entgeltlichen Einschaltung haben Medien, Agenturen und Unternehmen gemeinsam Sorge zu tragen haben. Deshalb hat der PR-Ethik-Rat den Beschluss gefasst, auch das Möbelhaus XXXLutz durch eine öffentliche Rüge auf die gemeinsame Verantwortung der Absendertransparenz in der medialen Kommunikation hinzuweisen.
Koppelungsgeschäfte als intransparente Geschäftspraxis
Eine weitere intransparente Geschäftspraxis sind sogenannte „Koppelungsgeschäfte“, bei denen Werbekunden zu einem korrekt gekennzeichneten Inserat ergänzend ein redaktioneller Bericht versprochen wird. Dazu ist im Ehrenkodex des PRVA (Absatz 10) und im PR-Online-Kodex (3.5) festgehalten: »Koppelungsgeschäfte sind nicht zulässig. Sie liegen dann vor, wenn finanzielle Zuwendungen an ein Medium von redaktioneller Berichterstattung bzw. wenn Berichterstattung von finanziellen Zuwendungen abhängig gemacht wird.«
PR-Ethik-Rat rügt „Golf Revue“ wegen Angebots eines Koppelungsgeschäftes
Ein derartiges Angebot veröffentlichte die „Golf Revue“ in einem Beitrag, der bereits im Lead die Koppelung von journalistischen an bezahlte Beiträge wie folgt bewirbt: „(…) sichern Sie sich zu Ihrem Inserat einen kostenlosen PR-Bericht“. Weiter unten im Text wird ein redaktioneller Bericht explizit als Teil des Angebots aufgelistet: „Gleich buchen, Sie erhalten: Ihre Werbeschaltung zum Standardtarif + Veröffentlichung eines redaktionellen Berichtes (…)“. In der an den PR-Ethik-Rat übermittelten Stellungnahme der Golf Revue wird der Vorwurf nicht ausreichend entkräftet. Darüber hinaus wird im beanstandeten Beitrag nicht nur der Anschein von Koppelungsgeschäften erweckt, sondern bereits ein konkretes Angebot gemacht und dieses öffentlich beworben. Aufgrund des offensichtlichen Verstoßes gegen die Richtlinien der ethischen Kommunikation beschloss der PR-Ethik-Rat auch in diesem Fall, eine öffentliche Rüge gegen das Medium auszusprechen.
Über den PR-Ethik-Rat:
Der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations steht für die freiwillige Selbstkontrolle der heimischen PR-Fachleute. Er überwacht die Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit, untersucht Streitfälle, zeigt Fehlverhalten und Missstände auf. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt darin, Positionen, Prinzipien und Definitionen ethisch korrekten Verhaltens in der PR auszuarbeiten und zu publizieren. Besonders gilt dies für jene Bereiche, in denen ethische Standards (noch) fehlen oder unklar definiert sind. Der PR-Ethik-Rat wird aufgrund von Beschwerden tätig und greift auch selbst Fälle auf. Dem Rat gehören 12 Mitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft an.
Rückfragen:
Prof. Dr. Sabine Einwiller, Vorsitzende des PR-Ethik-Rats
Tel.: +43 1 4277 49319
E-Mail: office@prethikrat.prethik2.vss.kapper.net
Web: www.prethikrat.at