Nationalratswahl 2019: Gegen Dirty Campaigning und Desinformation. Österreichischer PR-Ethik-Rat fordert freiwillige Selbstverpflichtung der wahlwerbenden Parteien

(Wien, 28. August 2019) – Im Diskurs um Fairness und Transparenz im Vorfeld der Nationalratswahl 2019 finden die wahlwerbenden Parteien keinen Konsens. Dabei stellen Dirty Campaigning mit persönlichen Diffamierungen und Desinformation mit der fahrlässigen oder vorsätzlichen Verbreitung von Unwahrheiten nachhaltige Gefahren für die Demokratie dar. Gerade in Zeiten des Wahlkampfes ist ethisch korrekte und faktenbasierte Kommunikation gefordert. Denn das Misstrauen in Regierungen und Soziale Medien ist groß: Laut Edelman Trust Barometer 2019 vertrauen weltweit nur 48% der Menschen Regierungen und 47% Medien. In diesem Kontext fordert der österreichische PR-Ethik-Rat als neutrale Instanz eine freiwillige Selbstverpflichtung im Umgang mit Dirty Campaigning und Desinformation der wahlwerbenden Parteien. Eine entsprechende Erklärung wurde den österreichischen Parteien heute übermittelt.

In fünf Punkten hat der PR-Ethik-Rat festgehalten, welche Kriterien von politischen Parteien im Rahmen einer Selbstverpflichtung zur Vermeidung von Desinformation in Wahlkampagnen jedenfalls einzuhalten sind:

1. Bewusstsein für Verantwortung

Das Ringen um den Zuspruch der Öffentlichkeit im Zuge einer Wahlkampagne hat große Auswirkungen auf den allgemeinen gesellschaftlichen Diskurs. Aufgrund der Kommunikationsmacht der wahlwerbenden Parteien müssen diese besonders hohe ethische Standards im Diskurs einhalten. Der erste Schritt dabei ist die explizite Anerkennung dieser Verantwortung und die Selbstverpflichtung, die erwähnte Kommunikations-macht nicht zu missbrauchen. Ziel ist es, Verantwortungsbewusstsein zu stärken und eine hohe Sensibilisierung für die Themen Negative oder Dirty Campaigning und Desinformation zu schaffen.

2. Respektvoller Umgang mit politischen Kontrahenten

Die Auseinandersetzungen mit politischen Gegenübern und MitbewerberInnen sowie deren Ideen bilden einen wesentlichen Bestandteil jedes Wahlkampfes. Gegenseitiger Respekt darf in diesen – oft hitzig geführten – politischen Phasen dennoch nicht verloren gehen. Dies gelingt, indem programmatische Inhalte und die eigenen politischen Vorhaben ins Zentrum gerückt werden. Von kommunikativen Praktiken, welche die vermeintlichen Schwächen der politischen Kontrahenten aufgreifen, um daraus Kapital zu schlagen, anstatt sich auf die eigenen Qualitäten zu konzentrieren, soll Abstand genommen werden. Dazu zählen insbesondere persönliche Diskreditierungen, die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten über politische GegnerInnen und die Verwendung von Falschinformationen in der inhaltlichen Auseinandersetzung. Um das Vertrauen der Wahlberechtigten in demokratische Institutionen und den politischen Diskurs zu wahren, muss die Kommunikation zwischen und über KandidatInnen respektvoll, ehrlich und fair erfolgen und auch als solche bei den RezipientInnen erkennbar sein.

3. Orientierung an Fakten

Die Argumente der wahlwerbenden Parteien und Personen müssen auf Fakten basieren. Falsche Behauptungen, die dazu dienen, die eigene Position zu stärken, verzerren den Wettbewerb und widersprechen somit den Grundsätzen unserer Demokratie. Veröffentlichungen müssen aus ausschließlich korrekten und jederzeit nachvollziehbaren Informationen bestehen. Auch Veröffentlichungen Dritter, die auf Desinformation aufbauen, dürfen nicht genutzt werden, auch wenn sie beim Erreichen der eigenen politischen Ziele behilflich sein könnten.

4. Transparenz

Politische Kommunikationsarbeit muss transparent gestaltet sein. Quellen und Besitzverhältnisse von Kommunikationskanälen jeglicher Art müssen stets korrekt angeführt werden. Argumente, Informationen und Behauptungen müssen durch Quellenangaben nachvollziehbar und überprüfbar sein. So muss für die RezipientInnen auch klar erkennbar sein, ob es sich bei einer Veröffentlichung um einen (Tatsachen-)-Bericht oder um die Wiedergabe der eigenen politischen Meinung handelt. Dieser Transparenz-Grundsatz hat auch in sozialen Netzwerken zu gelten. Es ist jedenfalls abzulehnen, gefälschte Seiten oder Profile („Fake Profiles“) als Teil der eigenen Community auszugeben oder gefälschte Reaktionen („Fake Likes“, „Fake Kommentare“) als tatsächliches Community-Engagement auszuweisen. Von diesen Methoden ist auch im Umgang mit politischen Kontrahenten Abstand zu nehmen.

5. Solidarität im Kampf gegen Dirty Campaigning und die Verbreitung von Desinformation

Gegen Dirty Campaigning und die Verbreitung von Desinformation muss gemeinsam vorgegangen werden, indem diese Praktiken weder toleriert noch selbst betrieben oder als Dienstleistung angeboten werden. Von Kooperationen mit Personen bzw. Organisationen, die von derartigen Methoden Gebrauch machen, ist Abstand zu nehmen. Ziel ist die Förderung einer politischen Kultur, die auf Fakten und politischen Konzepten anstelle von Unwahrheiten, Gerüchten, Verschwörungstheorien, falschen kausalen Zusammenhängen, Übertreibungen, Untergriffen und Angriffen auf persönliche oder private Bereiche von PolitikerInnen basiert.

Die Grundlagen für die in dieser freiwilligen Selbstverpflichtung genannten Kriterien sind im Ehrenkodex des Public Relations Verbandes Austria und im Online-Kodex des PR-EthikRats festgehalten und öffentlich frei verfügbar. Abrufbar sind diese Richtlinien und die Selbstverpflichtung zur Vermeidung von Desinformation bei Wahlkampagnen auf der Website http://www.prethikrat.at/selbstverpflichtung/.

Über den PR-Ethik-Rat

Der Österreichische PR-Ethik-Rat ist ein vom Public Relations-Verband Austria (PRVA) und dem Verein Österreichisches PR-Gütezeichen eingerichtetes Organ zur freiwilligen Selbstkontrolle der österreichischen PR-Branche auf Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit. Er überwacht die Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit, untersucht Streitfälle, zeigt Fehlverhalten und Missstände auf. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt darin, Positionen, Prinzipien und Definitionen ethisch korrekten Verhaltens in der PR auszuarbeiten und zu publizieren. Besonders gilt dies für jene Bereiche, in denen ethische Standards (noch) fehlen oder unklar definiert sind. Der PREthik-Rat wird aufgrund von Beschwerden tätig und greift auch selbst Fälle auf. Dem Rat gehören 12 Mitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft an.

Rückfragen:

Dr. Sabine Einwiller, Vorsitzende des PR-Ethik-Rats

Tel Büro PR-Ethik-Rat: +43 677 61299010

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Website: www.prethikrat.at

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